Wenn sich 100 Personen auf eine Stelle bewerben, 15 davon in die engere Auswahl kommen und drei sich wirklich matchen können, weil ihre fachlichen und sozialen Kompetenzen haargenau die Ausschreiben treffen, keiner „geschoben“ wird und einer davon sind Sie – wie können Sie das Rennen gewinnen? Sie brauchen einen USP und einen ESP, um Ihren zukünftigen Arbeitgeber zu überzeugen, dass er von Ihrer Anstellung profitiert. Der USP (Unique Selling Proposition) ist das Alleinstellungsmerkmal eines Produktes, einer Dienstleistung oder einer Person. Er sorgt dafür, dass man sich von den andern abhebt und aus der Masse heraussticht. Er ist jener Faktor, der unseren rationalen Verstand suggeriert – kauf mich! Er vermittelt jenen Kundennutzen, den wir brauchen. Also Sicherheit, Einsparung, effizienteres Arbeiten, Verkaufssteigerung, mehr, besser, der Größte, der Erste, etc. Waschmaschinen leben länger mit Calgon!
1940 hat der damalige Werbeguru Rosser Reeves den USP eingeführt und 12 Jahre später Eisenhower zur Präsidentschaft verholfen, indem er ihn wie Seife vermarket hat.
Der ESP (Emotional Selling Proposition), der emotionale Kundennutzen, sorgt zusätzlich dafür, dass wir es auch wirklich haben wollen. Denn den Homo oeconomicus, den 100% rational denkenden Kunden, gibt es nicht. Man hat heraus gefunden, dass es unmöglich ist, rein rationale Entscheidungen zu treffen. Sonst müssten wir ja auch unsere rechte Gehirnhälfte (Gefühle, ganzheitliches Denken, Neugierde, Kreativität, Intuition, etc.) ausschalten und wie das geht, hat Gott sei Dank noch niemand heraus gefunden. Das wäre auch das Ende des „menschelns“. Beim ESP punkten Image, Einzigartigkeit, Anerkennung durch Dritte, Freude, etc. Kein Auto um von A nach B zu kommen, sondern weil der Nachbar es auch hat.
Bevor wir uns den USP & ESP = UeSP im Bewerbungsprozess anschauen, werfen wir einen Blick hinter die Kulissen von Entscheidungsprozessen. Um rein rational entscheiden zu können, müssten wir sämtliche Faktoren und Informationen zu einem Produkt, wie Neuigkeiten, technische Erkenntnisse, Forschungsergebnisse, Umweltfaktoren, Preise uvm. recherchieren. Denn nur dann könnte man im rein wirtschaftlichen Sinne eine Kaufentscheidung treffen. 85% unserer Entscheidungen treffen wir jedoch unbewusst, seien Sie sich dessen bewusst! Unser Denken besteht aus Schnellem Denken und Langsamen Denken. (Hier ein Buchtipp von Kahnemann „Langsames Denken, schnelles Denken“.) Unbewusste Entscheidungen kommen vom Schnellen Denken. Wenn ich Sie frage, wieviel 1 + 1 ist, dann können Sie mit Ihrem Schnellen Denken die Frage leicht mit 2 beantworten. Wenn ich Sie frage, wie viel 756 + 863 ist, hmmm?, dann brauchen wir mehr und nutzen dafür unser Langsames Denken. Wenn uns das zu schwierig erscheint, schaltet sich das Schnelle Denken ein und findet eine Antwort, die akzeptabel erscheint. z. B. mehr als 1500, das scheint aufs Erste zumindest nicht unrichtig und lässt uns nicht ganz blöd dastehen und das Langsame Denken darf weiter schlafen. Also unser Joker bei Ratlosigkeit. Das Schnelle Denken verhindert somit oft wohl überlegte Entscheidungen. Wem trauen wir eher eine Karriere zu, dem Lehrling oder dem Studenten? Wir entscheiden uns für jene Antwort, die in unseren Köpfen „gesellschaftlich“ entstanden ist. Das langsame Denken würde noch Fragen stellen: welche Lehre, welches Elternhaus, fleißig, wie war er in der Schule,….?
Genau dieses Langsame Denken und das Vordrängeln vom Schnellen Denken können wir nutzen. Indem wir im USP Informationen einbetten, die dem/der Empfänger:in aufgrund des Schnellen Denkens plausibel vorkommen und das Langsame Denken erst gar nicht in die Gänge kommen lässt. Es macht einen großen Unterschied, ob im Bewerbungsprozess das lange Studium in die falsche Schublade „Nichtstuer“ rutscht, oder man das lange Studium als Alleinstellungsmerkmal nutzt. Zum Beispiel: 7 Jahre Studium inklusive 21 Monate Berufserfahrung und Erkenntnisse zu Kundenschichten zwischen 7 und 85 Jahren. Das Schnelle Denken Ihres Gegenüber schaltet sich schnell ein und sagt sich, „das ist interessant“, oder „das imponiert dem Abteilungsleiter“. Der „Nichtstuer“ findet im Kopf keinen Platz mehr, weil der neue Mehrwert, der USP besser gefällt und damit eine positive Emotion, den ESP auslöst.
Beim einem nachhaltigen UeSP geht es niemals ums Schönreden, sondern darum sich selbst bei der Nase zu nehmen und einen guten Nutzen für den zukünftigen Arbeitgeber zu finden und ein gutes Gefühl auszulösen. Wenn Sie glauben, eine wirkliche Bereicherung darzustellen, dann signalisieren Sie dem Unternehmen, dass diese einen riesigen Fehler machen, wenn sie sich nicht für Sie entscheiden. Das ist Ihr Job vor dem Job. Eine sogenannte Differenzierung zu finden und diese im Kopf des Gegenübers zu etablieren. Das ist eine hohe Kunst, aber ein Garant dafür, im Bewerbungsprozess zu punkten.
Ein Beispiel in Sachen Kaufentscheidung: Stellen Sie sich vor, Sie gehen in einen Elektromarkt, um einen Computer zu kaufen. Und stellen Sie sich vor, keine Computermarke der Welt hätte Werbung gemacht und ihren USP preisgegeben. Über all steht das selbe drauf – Inhalte, Anleitung, Preis, fertig. Welchen würden Sie kaufen? Es wäre schier unmöglich, nur aufgrund der Inhalte, dazu müssten wir auch alle Techniker sein, um diese zu verstehen, eine Entscheidung zu treffen. Wir verkünden zwar lautstark nach außen, dass wir keine Werbung und Beeinflussung wollen, insgeheim sind wir jedoch dankbar, da es unseren Entscheidungsprozess vereinfacht. Wenn kein besonderer Nutzen für uns erkennbar ist, wählen wir als Hauptkriterium den billigsten Preis. Wie im Bewerbungsprozess, wenn die keinen besonderen Nutzen erkennen, entscheidet der Preis. Wenn Sie das nicht wollen, müssen Sie was anderes machen. Finden Sie Ihren UeSP für sich und Ihren zukünftigen Arbeitgeber oder Auftraggeber.
Wenn uns selbst bewusst wird, wie wir eigene Kaufentscheidungen treffen, ist es leichter uns in unsere Kund:innen zu versetzen.
Noch ein Beispiel zum besseren Verständnis: Ein Problem vieler Trainer:innen, die EPU sind, ist, in großen Unternehmen nicht Fuß fassen zu können. Warum das so ist hat mir ein Human Ressource Manager eines Automotive Konzerns erklärt: „Es geht um Rechtfertigungssicherheit. Wenn das Verkaufsteam in den Vertriebszahlen zulegen muss, herrscht Hochkonjunktur für Trainingsinstitute. Nicht für die Einzeltrainer:innen, sondern auch für die großen bekannten etablierten Trainingsinstitute. Nicht weil sie mit Sicherheit die Ergebnisse erhöhen, sondern weil wir, die Personalentwicklungsabteilung, sich absichern will. Wenn die Trainings doch nichts bringen, haben wir die allentscheidende Ausrede, wir habe ja eh die Eliteorganisation, die der Chef bevorzugt, gewählt. Der kleine EPU’ler hätte es wahrscheinlich gebracht, aber sicher ist sicher. Auch wir sind risikoscheu. Auch in der Personalabteilung will man seinen Job behalten, das ist leider manchmal wichtiger als seiner Überzeugung zu folgen.“ Also bitte niemals böse sein, sondern verstehen und den ESP anbieten, der für eine „andere“ Kaufentscheidung nötig ist.
Übrigens, dass nennt man sehr gute Markenbildung, wenn eine Marke länger wirkt, als sie etwas bringt. Der Erfolg hält noch länger, als gerechtfertigt. Wenn etwas mal geklappt hat, halten wir daran fest. Das ist dann so ähnlich, wie wenn wir zu einer Tür kommen auf der „ziehen“ steht. Im ersten Versuch drücken wir, die Tür geht nicht auf. Was ist der nächste Schritt? Nein, noch kommt nicht das Lesen dran!, wir drücken nochmal, sicherheitshalber die Türe könnte sich ja geirrt haben! Aber die meisten Türen gehen nach außen hin auf. Ja, aber nicht immer!
Also Menschen orientieren sich an Vergleichswerten. Denn wir wollen sicher sein, keine Fehlentscheidung getroffen zu haben. Ein Unternehmen, dass sich für Sie entscheidet, kauft die Katze im Sack. Erst nach mindestens 6 Monaten wird klar, ob Sie dem Unternehmen was bringen. Bis dahin wurden Sie bezahlt, im schlimmsten Fall, wenn Sie nicht zur Zufriedenheit arbeiten, wurde das Geld und die Zeit zum Fenster hinaus geworfen. Das muss uns bewusst sein, Unternehmen gehen mit jeder Anstellung ein Risiko ein, sie möchten es einfach nur gering halten. Das Alleinstellungsmerkmal hilft im Bewerbungsprozess, dem anderen einen Nutzen zu suggerieren. Der emotionale Kundennutzen nimmt die Angst und soll Sicherheit und Begeisterung vermitteln. Ziel: Er oder sie ist die richtige Entscheidung!
Ein letzte UeSPBeispiel: Sie haben massive Probleme mit Ihrem Knie. Ein Arzt oder eine Ärztin ist dringend notwendig. Für wen entscheiden Sie sich? Orthopäden gibt es genug. Wahrscheinlich ist Ihnen ein:e Kniespezialist:in wichtig. Nach welchen Kriterien suchen und entscheiden Sie? Kniespezialist:in mit viel Operationserfahrung also eine:r der viel im Krankenhaus arbeitet, jene:r mit Erfahrung von Sportunfällen, mit hoher Erfolgsquote, mit Fokus auf alternative Medizin, mit anerkannten Auszeichnungen, von Freund:innen empfohlen, privat oder Krankenkasse, hohes Einfühlungsvermögen für Patient:innen, oder einen no name Arzt/Ärztin? Der USP prägt die Marke und hilft bei Entscheidungen.
Vollständige, lückenlose Informationen inklusive sämtlicher Entscheidungsalternativen zum Zeitpunkt eines Kaufes sind unmöglich. Das ist der Vorteil des UeSP: Den Nutzen eines Produktes einfach, wesentlich und emotional auf den Punkt bringen – nutzen Sie ihn für Ihren Bewerbungsprozess.
Mein Appell: Hören Sie auf im Strom der Namenlosen zu schwimmen! Wenn Sie austauschbar bleiben, gewinnt der Günstigere. Da Unternehmen muss sich ja in den Spiegel schauen können und sich sicher sein ein gutes Geschäft gemacht zu haben, und ich weiß nicht ob dieses Geschäft in Ihrem Sinne wäre, wenn auf Ihnen der Stempel klebt: das war der/die Günstigste! Der Stempel muss Ihren USP tragen und im Unternehmen die Runde machen. Der gute Ruf eilt Ihnen dann voraus, die beste Bedingung für einen guten Start.
Jetzt kommen wir zu Ihrem USP & ESP:
Nehmen Sie die Stärken aus Ihrer SWOT Analyse und ergänzen Sie sie mit außergewöhnlichen Ereignissen und Erfolgen aus Ihrem Lebenslauf und Lobesworten aus Ihrer Umgebung. Welche hinderlichen Punkte in Ihrem Leben und brauchen einen Relaunch, damit sie einen Nutzen darstellen?
Beispiel für eine neuen UeSP:
Stärke: umsetzungsstark, kurze Einarbeitungsdauer
Lobesworte: ein persönliches Referenzschreiben meines Ex-Chefes
Erfolge: kurze Studiendauer trotz Krankheit
Relaunch: möchte nicht als Sozialarbeiterin arbeiten, sondern eher in einem Industrieunternehmen einen Job in der Assistenz finden
Die rechte Hand für Chefs. Kompetenzen: überdurchschnittlich rasche Einarbeitungszeit in neue Aufgabengebiete und Erfahrung in Sachen Lehrlingsmotivation- und Förderung
Beispiele aus der Praxis:
Mann Ende 40, sucht neuen Job: Hindernis aus seiner Sicht: oft gewechselt.
Neuer USP: Erfahrener Marketingmanager. Unterschiedliches Branchen Know how. Kann aufgrund dessen, Marketingaktivitäten punktgenau auf verschiedene Zielgruppen ausrichten.
BWL Studentin mit Praktikumserfahrung, sucht Assistentinnenjob im HR Bereich: Hindernis aus ihrer Sicht: keine Erfahrung.
Neuer USP: 103 Bücher über Personalentwicklung, Masterarbeit über Personalmanagment der Zukunft in Europa. Ihr profundes Praxiswissen mit neuen theoretischen Wissen bereichern und Seminarbesuche dadurch minimieren.
Chemikerin, Wiedereinstieg nach Babypause, ist im alten Unternehmen willkommen: Hindernis aus ihrer Sicht: 9 Jahre vom Job weg, will nicht mehr ins Ausland reisen müssen.
Neuer USP: Erfahrungen in einem internationalen Konzern mit bestehenden guten Beziehungen. Kann Netzwerk herstellen, dass ohne diese „Connections“ kaum möglich ist, für Wissensaustausch und neue Geschäftsbeziehungen im Ausland.
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